30.09.2020

„Narrativ von Orbán und Co brechen“

EU-Kommission legt ersten ersten jährlichen Rechtsstaatsbericht vor

Den heute erscheinenden ersten jährlichen Rechtsstaatsbericht der EU-Kommission kommentiert Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Mitglied im Innenausschuss:

„Der Kommissionsbericht ist ein überfälliger erster Schritt zu einer regelmäßigen Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Mitgliedsstaaten. Durch einen Rechtsstaats-Check aller EU-Länder anhand gleicher Kriterien wird das Narrativ von Orbán und Co gebrochen, zu Unrecht an den Pranger gestellt zu werden.

Aus Parlamentssicht wünschen wir uns eine umfassendere Betrachtung des Zustands der Grundwerte, die auch Minderheitenrechte und demokratische Defizite mit untersucht und unabhängige Experten stärker mit einbezieht.

Wichtig ist, dass die EU-Kommission nicht nur Missstände benennt, sondern diese auch zu Konsequenzen führen. Die laufenden Verhandlungen zwischen Rat und Parlament zu einer wirksamen Bindung von EU-Mitteln an die Einhaltung der Grundwerte sind von immenser Bedeutung für die Zukunft der EU. Es ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu vermitteln, dass sich Antidemokraten mit europäischem Geld die Taschen vollmachen.“

Im Plenum diskutieren die Abgeordneten kommenden Montag außerdem einen weitergehenderen Vorschlag des Innenausschusses im Europäischen Parlament für einen Mechanismus, um die EU-Grundwerte wirkungsvoll durchzusetzen. Die EU-Kommission wird aufgefordert, diesen Vorschlag aufzugreifen.

Der Rat hat heute zudem ein Verhandlungsmandat zu einer Rechtsstaatskonditionalität im EU-Haushalt beschlossen. Katarina Barley dazu:

"Die deutsche Ratspräsidentschaft hat große Anstrengungen unternommen, endlich eine Positionierung des Rates zur Bindung von EU-Geldern an die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundprinzipien herbeizuführen. Die Verhandlungsposition des Rates ist allerdings ein Schritt auf Orbán zu, nicht auf das Europäische Parlament, darüber sollte der Widerstand Ungarns innerhalb des Rates nicht hinwegtäuschen. Wenn es nach dem Rat geht, könnte die EU-Kommission erst viel zu spät und begrenzt eingreifen. Wirkliche Konsequenzen drohen auf der Ebene der Staats- und Regierungschef zu versanden.

Wir haben von Anfang an klar gemacht, dass die Grundwertebindung unsere Priorität bei den Haushaltsverhandlungen ist. Damit die Verhandlungen zum Erfolg führen, muss der Rat sich noch ein ganzes Stück auf uns zu bewegen."

Die Abgeordneten diskutieren am kommenden Montag im Plenum den letzten Stand der Verhandlungen über das Instrument, die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat zu binden.