28.03.2023

„Schutz vor wirtschaftlichen Erpressungen“

Neues handelspolitisches Instrument beschlossen

Das Europäische Parlament, die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission haben sich in der Nacht, nach mehr als zehnstündigen Verhandlungen, auf ein neues handelspolitisches Schutzinstrument geeinigt. Das Instrument soll die EU in die Lage versetzen, sich entschieden gegen Drittstaaten zu Wehr zu setzen, die die EU oder ihre Mitgliedstaaten zu politischen Entscheidungen zwingen wollen.


Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel und Berichterstatter des EU-Parlaments für das sogenannte Anti Coercion Instrument:
"Die EU muss sich unangenehmen geopolitischen Realitäten stellen. Handelspolitik wird immer häufiger als politische Waffe eingesetzt. Wir hatten eine Lücke in unserem Instrumentarium. Wir sind angreifbar und es gibt Staaten, die diese Verwundbarkeit mit angedrohten Zwangsmaßnahmen ausnutzen wollen. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir in den Verhandlungen über ein Instrument, mit dem wir uns gegen solche wirtschaftlichen Erpressungen verteidigen können, einen Durchbruch erzielt haben. Wir müssen das Recht der Union, demokratische und souveräne politische Entscheidungen zu treffen, ohne Zwang ausüben zu müssen, unbedingt schützen.

Der Rat hat im Laufe der Verhandlungen versucht, aus dem Instrument einen zahnlosen Tiger zu machen. Das hat das EU-Parlament verhindert und wir haben auch Klarstellungen und Verschärfungen eingefügt. Nun gibt es klare Definitionen und einen klaren Zeitplan, so dass das Instrument nicht in alle Ewigkeit verschoben werden kann. Zudem ist das Parlament in allen Stufen der Entscheidungsfindung beteiligt, und wir haben einen großen Korb von möglichen Gegenmaßnahmen gegen ökonomische Zwangsmaßnahmen im Bereich Handel und Investment, mit denen politischer Druck ausgeübt werden soll. Dazu gehören klassische Zölle, aber auch Beschränkungen des Marktzugangs, Export-Kontrollmaßnahmen und Aufhebungen des Schutzes von geistigem Eigentum. Damit kann kein Land, das Zwangsmaßnahmen initiiert, kalkulieren, welche Gegenmaßnahmen zu erwarten sind. Zudem wird auch ein solider Rahmen für die Wiedergutmachung von Schäden vorgesehen.

Das Europäische Parlament hat dieses neue Instrument bereits seit Oktober 2020 eingefordert. Der Rat war nicht begeistert. Aber im Kontext der Durchsetzungsregel für unsere berechtigten Interessen ist so ein zusätzliches Instrument notwendig. Anders als beispielsweise der amerikanische Ansatz ist unser Instrument ein defensives, reaktives; eine Maßnahme der letzten Instanz. Bei dem neuen Instrument geht es im Kern darum, souveräne Entscheidungen zu garantieren."

Das Parlament und der Rat müssen dieses Abkommen noch förmlich genehmigen, bevor es in Kraft treten kann. In Kürze wird ein weiterer Trilog anberaumt, um den finalen Text zu bestätigen.