17.05.2022

Klima-Nachzüglern Beine machen

Umweltausschuss positioniert sich zu Emissionshandel und CO2-Grenzausgleich

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments stimmt heute über einen Großteil der Vorschläge des Klimapakets "Fit for 55" ab, darunter auch die Reform des europäischen Emissionshandels und die Schaffung eines CO2-Grenzausgleichs. Die Ergebnisse der Endabstimmungen sollen um 17.30 Uhr veröffentlicht werden:


Tiemo Wölken, klimapolitischer Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament:
"Ein wirkungsvoller Emissionshandel für Industrie und Strom-Erzeugung ist ein wichtiges Mittel, um die EU aus der fossilen Abhängigkeit zu befreien: Wir brauchen in Europa einen Preis für Treibhausgase mit Lenkungswirkung, und wollen die daraus eingenommenen Mittel in emissionsarme Technologien investieren. Nur so können wir Vorreiter-Unternehmen belohnen und Nachzüglern Beine machen.

Der CDU-Berichterstatter Peter Liese hat sich während der Verhandlungen viel über angebliche Blockaden unserer S&D-Fraktion beschwert. Nun hat er aber selbst an der entscheidenden Stelle den Kompromiss der progressiven Fraktionen nicht mitgetragen. Nur durch unsere Arbeit können wir den Emissionshandel auf solide Beine stellen, den Zertifikate-Überschuss abbauen und die nötigen Umstellungen nicht weiter auf die lange Bank schieben.

Die Emissionen im Verkehr und Gebäuden sind in den vergangenen Jahrzehnten leider nicht gesunken. Hier muss etwas passieren, um die Klimaziele nicht krachend zu verfehlen. Anreize dürfen wir jedoch nicht in erster Linie über den Preis setzen. Das würde bedeuten, Menschen mit geringem Einkommen zum Verzicht beim Heizen oder bei der Mobilität zu zwingen. Ich bin daher froh, dass wir als sozialdemokratische Fraktion erreicht haben, dass der Emissionshandel in diesen Bereichen zunächst nur für Unternehmen gelten soll und die Preise langfristig abgefedert werden. Der ursprüngliche Entwurf des CDU-Berichterstatters hätte bedeutet, die soziale Spaltung in der EU, mitten in einer Energiekrise, zu forcieren."


Delara Burkhardt, klimapolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten: 
"Bisher hebelt der Emissionshandel der EU sich teilweise selber aus. Denn jährlich werden energieintensive Industrien aus Angst vor Produktionsverlagerung durch frei zugeteilte Emissions-Zertifikate in Milliardenhöhe subventioniert. Das reduziert die Anreize für Investitionen in sauberere Technologien und vermindert somit die Lenkungswirkung des Emissionshandels. Mit dem neuen CO2-Grenzausgleich wird damit 2030 in einigen der klimarelevantesten Branchen Schluss sein: durch das schrittweise Absenken der Freizuteilungen. Im gleichen Ausmaß werden Importe dieser Branchen in die EU aus Ländern mit einem niedrigeren CO2-Preis einen Aufpreis zahlen müssen, der dem in der EU geltenden CO2-Preis des Emissionshandels entspricht. So werden drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die heimische Industrie und Arbeitsplätze werden vor Produktion in Ländern mit niedrigeren Klimastandards geschützt, es wird sichergestellt, dass Verschmutzer innerhalb und außerhalb der EU für ihre Emissionen zahlen und die Lenkungswirkung des EU-Emissionshandels wird wiederhergestellt.

Die Konservativen haben die Dringlichkeit entschiedenen Handelns in der Klimakrise immer noch nicht erkannt. Sie stimmten gegen eine Ausweitung des CO2-Grenzausgleichs auf weitere Produkte und wollen die Freizuteilungen von Emissionszertifikaten bis weit nach 2030 beibehalten. Ginge es nach ihnen, würde sich über ein Jahrzehnt lang kaum etwas ändern."


Die Gesetzessammlung 'Fit for 55' soll die europäische Klimagesetzgebung anpassen, um das erhöhte Klimaschutz-Zwischenziel der EU sowie die Klimaneutralität im Jahr 2050 zu erreichen. Über die Reform des europäischen Emissionshandels soll das Plenum des Europäischen Parlaments im Juni abstimmen.