05.05.2022

"Europäische Grundwerte verteidigen"

Parlament fordert Härte bei Rechtstaatsverfahren gegen Polen und Ungarn

Das Plenum des EU-Parlaments stimmt heute über eine Resolution zum sogenannten Artikel-7-Verfahren ab. Auf der Grundlage dieses Artikels aus dem EU-Verträgen können Mitgliedsstaaten Stimmrechte auf europäischer Ebene entzogen werden, wenn sie die Grundwerte der EU systematisch verletzen. Das Verfahren wurde gegen Ungarn und Polen eingeleitet. Um die Stimmrechte zu entziehen ist ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten nötig. In einer Vorstufe können die Mitgliedstaaten allerdings konkrete Empfehlungen an die betroffenen Länder aussprechen, was bisher noch nicht erfolgt ist. In dem Resolutionsentwurf bedauern die Abgeordneten, dass die Anhörungen im Rat bisher nicht zu einer Verbesserung der Situation in beiden Ländern geführt haben und fordern ihn auf, das Verfahren weiter voranzutreiben.

Katarina Barley, Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments:

"Die Europäische Union ist eine Wertegemeinschaft, kein bloßer Binnenmarkt. Wenn die EU es ernst meint mit ihren Werten - Demokratie, Menschenrechte, und Rechtsstaat - dann muss sie diese Werte auch verteidigen, nach außen und innen. In Ungarn haben seit acht Jahren keine fairen Wahlen mehr stattgefunden. Orbáns Korruption und die Veruntreuung von EU-Geldern sind himmelschreiend. In Polen schafft die PiS-Regierung seit sieben Jahren die Unabhängigkeit der Justiz ab und stellt das Europarecht als Ganzes in Frage. Die im Rat vertretenen Mitgliedstaaten müssen diese Fakten anerkennen und endlich handeln. Denn nicht nur das Europäische Parlament, auch die Bürgerinnen und Bürger haben bei der Konferenz zur Zukunft Europas klar gesagt: Wir wollen eine Europäische Union, die ihre Grundwerte verteidigt. 

Als Europäisches Parlament fordern wir vom Rat der Mitgliedstaaten: Heben Sie das Artikel 7 Verfahren auf die nächste Stufe! Der Rat muss nach Jahren des Stillstands endlich konkrete Empfehlungen an die betroffenen Mitgliedstaaten beschließen. Dazu braucht es keine Einstimmigkeit. Wie viele Berichte unabhängiger Experten, von EU-Institutionen, wie viele Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Menschenrechtsgerichts braucht es noch, damit der Rat endlich handelt? Er ist es den 450 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürgern und den vielen Menschen schuldig, die auf die Werte der EU schauen, die wegen dieser Werte Teil unserer Union werden wollen, die für die Verteidigung eben dieser Werte kämpfen."

Die Abgeordneten fordern den Rat auf, konkrete Empfehlungen an Ungarn und Polen abzugeben. Dieser nächste Schritt gemäß Art. 7(1) erfordert keine Einstimmigkeit im Rat. Weiterhin fordert das Parlament den Rat und die Kommission auf, die Wiederaufbaugelder für Polen und Ungarn nicht freizugeben, solange die Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters und die einschlägigen Urteile des Europäischen Gerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht umgesetzt sind. Die Abgeordneten erinnern Rat und Kommission daran, dass ohne eine unabhängige Justiz auch keine Kontrolle der Gelder des EU-Haushaltes möglich ist. Den Text der Resolution finden Sie hier.