03.06.2020

"Auch in Europa ist Rassismus ein großes Problem"

Proteste in den USA

Die aktuelle Lage in den Vereinigten Staaten kommentieren die Europa-Abgeordneten Dietmar Köster und Katarina Barley:

Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Auswärtiges:

"Der Tod von George Floyd reiht sich ein in eine lange und traurige Reihe struktureller rassistischer Polizeigewalt. Hinzu kommt ein US-Präsident, der, anstatt das Land zusammenzuführen, die Gesellschaft weiter spaltet und auch friedlichen Protest mit autoritären Mitteln niederschlagen will.“ 

„Wenn Donald Trump so weiter agiert, wird im wichtigsten Partnerland Europas bald das Recht des Stärkeren und nicht die Stärke des Rechts gelten. Das darf uns angesichts der Angriffe auf Rechtsstaat und Demokratie auch in Europa nicht kalt lassen. Darüber müssen wir bei der nächsten Plenartagung des Europäischen Parlamentes debattieren und klar Stellung beziehen. Aber das reicht nicht. Rassismus ist auch ein europäisches Problem. Damit wir glaubwürdig sind, brauchen wir eine europäische Debatte über unsere eigenen Verfehlungen. Rassismus muss auch in Europa stärker benannt und bekämpft werden."

 

Dietmar Köster, Mitglied im Ausschuss für Auswärtiges und der US-Delegation des Europäischen Parlaments:

„Die Proteste in den USA spiegeln die Kontinuität der dortigen Machtordnung wider. Weiße herrschen über People of Color. Das ist die Kontinuität des Rassismus, der strukturell und institutionell ist. Das Verhalten des Polizisten Derek Chauvin, der George Floyd ermordet hat, bringt ihn zum Ausdruck. In den USA entlädt sich gewaltsamer Protest aufgrund der strukturellen Gewalt eines entfesselten und radikalisierten Kapitalismus, in dem soziale Absicherungen kaum vorhanden sind und damit der Zusammenhalt der Gesellschaft zutiefst gefährdet ist.

 

Nicht nur in den USA gibt es rassistische Polizeigewalt, auch in der EU ist sie ein großes Problem. In Kroatien misshandeln Grenzschutzbeamte Flüchtlinge, die versuchen, in die EU zu gelangen. In Bulgarien und Rumänien terrorisieren Polizistinnen und Polizisten die ethnische Minderheit der Roma. Racial Profiling gibt es auch in Deutschland: Die Polizei kontrolliert vermeintlich ‚verdachtsunabhängig’ Menschen mit dunkler Hautfarbe. Hier ist auch an die Misshandlungen und Tötungen wie Oury Jallouh und Ahmed A. zu erinnern, die beide in einer deutschen Polizeizelle verbrannten.

 

Die Proteste in den USA werden täglich größer und gefährlicher. Ich stehe auf der Seite der friedlichen Demokratiebewegung in den USA. Ich habe null Verständnis für Trumps Eskalationsstrategie und den Einsatz der Nationalgarde. Es ist gut zu sehen, dass sich mancherorts Polizistinnen und Polizisten aus Respekt vor George Floyd niederknien. Die Polizisten, die an seiner Ermordung beteiligt waren, müssen vor Gericht gestellt werden. Gerechtigkeit für George Floyd!