27.04.2023

„Arzneihersteller in Pandemiefällen zur Lizenzfreigabe verpflichten“

EU-Kommission schlägt einfachere Zulassung EU-weiter Patente vor

Die Kommission hat heute ihr lang erwartetes Patent-Paket mit insgesamt drei Verordnungen veröffentlicht. Die Sammlung umfasst Vorschläge für EU-Standardpatente, ein einheitliches Zertifikat zur Verlängerung des Patentschutzes, Lizensierungen, um Arzneimittelhersteller in Ausnahmefällen wie einer Pandemie zur Freigabe ihrer Medikamenten-Patente zu verpflichten sowie ein geistiges Urheberrecht, das die Zulassung eines Arzneimittel-Patents um bis zu fünf Jahre verlängern kann.


Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der Europa-SPD:

Aus der Pandemie lernen:
„In Krisen müssen wir als Union schneller handlungsfähig sein, dabei können neue Patentregeln helfen. Der Vorschlag der EU-Kommission, um Mitgliedstaaten in Notfällen wie einer Pandemie zu verpflichten, wirksame neue Medikamente zu lizensieren, ist dringend notwendig, um die Versorgung der Bürgerinnen und Bürgern sicherzustellen."

Ein Antrag zur Patentverlängerung für die gesamte Union:
"Der Vorschlag erleichtert unternehmerische Planungen, in dem er die Zersplitterung innerhalb der Union durch bisher unterschiedliche nationale Zertifikate zur Verlängerung des Patentschutzes beseitigt. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission profitieren innovative Unternehmen gleich dreifach: Ein einheitliches EU-weit gültiges Zertifikat mit nur einem Antrag spart Zeit, Bürokratie und folglich auch Geld. Eines muss pharmazeutischen Herstellern allerdings klar sein: Ein einheitliches Zertifikat zur Verlängerung des Patentschutzes gibt es nur, wenn das Medikament auch auf den Markt gebracht wird.
Wir Sozialdemokrat*innen werden nicht zulassen, dass ein Unternehmen ein EU-Mitgliedsland aufgrund eines ergänzenden Schutzzertifikates blockiert, ohne ein Produkt tatsächlich auf den Markt bringen zu wollen und so anderen Herstellern von Nachahmer-Präparaten der Zugang verwehrt wird."

Faire Patent-Lizenzen für alle:
"Schon jetzt geht in der Tech-Branche nichts mehr ohne sogenannte standardessenzielle Patente. Über diese Patente sprechen wir, wenn ein Unternehmen die Rechte an einer Technologie hält, die gleichzeitig Grundlage für einen Industriestandard bildet. Sie sind zum Beispiel meist im Spiel, wenn zwei Produkte, seien es Autos oder Handys, via Internet miteinander kommunizieren. Die Patente für die dafür notwendigen Chips sind zwar zumeist in privater Hand, aber grundlegend für den Mobilfunkstandard 5G. Andere Unternehmen sind deshalb gezwungen, diese Patente zu lizensieren. Es ist deshalb richtig, dass die EU-Kommission einem möglichen Missbrauch dieser privilegierten Stellung der Patentinhaber*innen mit einem transparenten Register für solche Patente entgegenwirkt. Wir müssen sicherstellen, dass Lizenzen für solche essentiellen Patente gerade auch für kleinere Unternehmen fair zugänglich sind."


Nach der Veröffentlichung der EU-Kommission werden nun Parlament und Rat ihre jeweilige Position zu den Vorschlägen erarbeiten.