07.07.2021

"Von der Leyens Worten müssen Taten folgen"

Abgeordneten verlangen rechtliche Schritte zum Rechtsstaatsschutz im Eilverfahren

Die heutige Parlamentsdebatte und Resolution über das ungarische LGBTIQ-Gesetz kommentiert Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Mitglied im Innenausschuss: 

„Mit seinem Anti-LGBTIQ-Gesetz verstößt Viktor Orban einmal mehr gegen fundamentale europäische Werte. Wer gleichgeschlechtliche Liebe mit Pornographie gleichsetzt, dem geht es nicht um Jugendschutz, der setzt Jugendliche vielmehr einer Gefahr aus, nicht zu ihrer sexuellen Identität stehen zu können. Gerade junge LGBTIQ-Personen sind besonders suizidgefährdet, wenn sie nicht offen zu sich und ihrer Identität stehen können.

Die Europäische Union darf sich nicht länger von Viktor Orbán am Nasenring durch die Manege ziehen lassen. Der Aufschrei wegen Orbáns jüngstem Gesetz sollte endlich Aufmerksamkeit dafür schaffen, dass er seit mehr als zehn Jahren Demokratie und Rechtsstaat mitten in der EU abschafft. Er hat gedeckt von der konservativen Europäischen Volkspartei die europäische Wertegemeinschaft schon längst verlassen, bedient sich aber weiter gerne aus den Brüsseler Geldtöpfen.

Ursula von der Leyens klare Worte sind ein erster Schritt, nun müssen Taten folgen. Die EU-Kommission hat seit über einem halben Jahr die Möglichkeit, europäische Gelder für Rechtsstaatssünder wie Orbán einzufrieren. Der Rechtsstaatsmechanismus könnte sofort auf Orbáns himmelschreiende Korruption angewendet werden. Das Europaparlament muss die Kommission mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zum Jagen tragen. Auch beim Anti-LGBTIQ-Gesetz Ungarns könnte die EU-Kommission im Eilverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof Strafen im Millionenhöhe gegen Ungarn beantragen.

Die Frage der Grundwerte wird über das Wohl und Weh der EU entscheiden. So langsam dämmert das hoffentlich auch den Staats- und Regierungschefs. Sie sollten ihrer Empörung über Orbán Taten folgen lassen und sich trauen, auch ihrerseits gegen ihn vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Wer nach über zehn Jahren Demokratieabbau in Ungarn noch immer auf einvernehmliche Lösungen mit Orbán setzt, macht sich am Zerfall der EU mitschuldig.“

Der Entwurf der fraktionsübergeifenden Resolution zum ungarischen LGBTIQ-Gesetz, die nach der heutigen Debatte am morgigen Donnerstag verabschiedet wird, lässt sich hier abrufen. Die Abgeordneten verurteilen darin das Gesetz aufs Schärfste und verlangen von der EU-Kommission rechtliche Schritte im Eilverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Das Gesetz stehe im Zusammenhang mit dem jahrelangen Demokratieabbau in Ungarn. Die Parlamentarier*innen fordern von der Kommission deshalb zudem die sofortige Anwendung des Rechtstaatsmechanismus zum Schutz des EU-Haushaltes. Auch die Staats- und Regierungschefs sollten im Rat gegen Viktor Orbán vorgehen und dabei auch eigene Klagen vor dem EuGH in Betracht ziehen.