27.04.2021

Resultat kann sich sehen lassen

Entscheidung über EU-UK-Handelsvertrag

Das Plenum des Europäischen Parlaments stimmt heute über den Handelsvertrag zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich ab. Die finale Abstimmung ist heute bis 21.10 Uhr angesetzt, das Ergebnis wird voraussichtlich am morgigen Mittwoch, 28. April 2021, um 9 Uhr, bekannt gegeben.

Bernd Lange, Handelsausschussvorsitzender und Mitglied der EU-UK-Koordinierungsgruppe des Parlaments:  
„Es war eine schwere Geburt, die allen Beteiligten viel Geduld und Durchhaltevermögen abverlangt hat. Aber das Resultat kann sich sehen lassen: Nicht nur, dass wir erstmals ein EU-Handelsabkommen mit wirkungsvollen Durchsetzungs- und Sanktionsmöglichkeiten haben, auch die Einbeziehung des Europäischen Parlaments bei der Umsetzung ist einmalig. Es ist kein Geheimnis, dass wir uns allein schon aufgrund unserer gemeinsamen Vergangenheit eine noch engere Beziehung mit dem Vereinigten Königreich gewünscht hätten, aber dem stand das Dogma der angeblichen neuen Souveränität Großbritanniens im Wege. Deshalb sind die derzeitigen Probleme nach dem Austritt aus der EU auch nicht bloß Reibungsverluste oder Anlaufschwierigkeiten, sondern Ausdruck des neuen Beziehungsstatus zwischen den beiden Partnern, wie von Boris Johnson gewollt.

Nach dem Abkommen ist vor dem Abkommen. Jetzt muss der ganze Fokus auf der konkreten Umsetzung liegen. Handelsabkommen sind immer 'Work in Progress'. Die Implementierung werden wir wachsam, konstruktiv und stets dialogbereit begleiten. Hoffentlich können wir die kontraproduktiven und taktischen Spielchen des letzten Jahres jetzt endlich ad acta legen und ein neues, von gegenseitigem Vertrauen geprägtes Kapitel der EU-UK-Beziehungen aufschlagen. Das Europäische Parlament ist dazu bereit. Allerdings bedarf Vertrauen auch Handeln auf beiden Seiten. Es darf keine einseitigen Aktionen der britischen Regierung mehr geben, ansonsten werden wir nicht zögern, alle Instrumente des Abkommens zu nutzen.“

Katarina Barley, Vizepräsidentin des Parlaments und Sprecherin des Innenausschusses für EU-UK-Beziehungen:
„Das Votum des Europaparlaments über das UK-Abkommen ist Schlusspunkt und Anfang zugleich. Wir beenden damit jahrelange, nervenaufreibende Verhandlungen, die in letzter Minute doch noch zu einem guten Ende geführt haben. Die Fachausschüsse des Parlaments haben das Abkommen in den letzten Monaten auf Herz und Nieren geprüft. Der Brexit tut mir trotzdem immer noch in meiner europäisch-britischen Seele weh. So wie ich hätten sich viele im Europaparlament ein umfassenderes Abkommen gewünscht. Eine engere Beziehung wäre allerdings nur möglich gewesen, wenn das Vereinigte Königreich sich stärker zu gemeinsamen Standards verpflichtet hätte. Klar ist jedoch auch: Selbst das engste Abkommen der Welt bietet nicht so viele Vorteile wie eine volle EU-Mitgliedschaft.

Unser Votum ist mit einer Mahnung an Boris Johnson verbunden: Sein Jonglieren mit dem Nordirland-Protokoll für kurzfristige innenpolitische Gewinne hat in der Vergangenheit zu gefährlichen Spannungen auf der irischen Insel geführt. Auf die zuletzt positiven Signale aus London gilt es jetzt aufzubauen, um gegenseitiges Vertrauen wachsen zu lassen. Ein Abkommen ist auch hier besser als kein Abkommen, denn bei Vertragsbrüchen sind klare Kontroll- und Sanktionsmechanismen eingebaut.

Natürlich bleiben über den heutigen Tag hinaus viele Baustellen bestehen. So ist es höchst kritisch, dass die EU-Kommission die Datenschutzbestimmungen des UK als gleichwertig anerkannt hat, obwohl es noch als EU-Mitglied mehrfach gegen europäisches Recht verstoßen hatte. Das zeigt: Bei der Anwendung des Abkommens stehen wir erst ganz am Anfang und es bedarf weiterhin genauer Kontrolle durch das Europäische Parlament."

Das Ergebnis der Abstimmung wird voraussichtlich am Mittwochmorgen, 28. April, vorliegen.