10.11.2011

Paradigmenwechsel bei EU-Hilfen für Afghanistan

Der Haushaltskontrollausschuss nimmt mit großer Mehrheit Bericht zur Kontrolle von EU-Mitteln in Afghanistan an Eine europäische NGO in Afghanistan, der vorgeworfen wird, nur Familienmitglieder eingestellt zu haben und keine Belege über ihre Ausgaben nachweisen kann; Firmen, die mit Entwicklungshilfe geförderte Aufträge an Kaskaden von Subunternehmen weitergeben und damit die beabsichtigte Wirkung minimieren und gleichzeitig die Kosten in die Höhe treiben; mangelnde Transparenz, wenn EU-Mittel über UN oder Weltbank nach Afghanistan fließen: diese Beispiele zeigen, dass jede Form der Finanzierung von Maßnahmen in Afghanistan spezifische Risiken in sich birgt. Das attestieren die Haushaltskontrolleure im Europäischen Parlament in ihrem am Donnerstag angenommen Bericht zur Kontrolle von EU-Mitteln in Afghanistan. "Wir im Ausschuss fordern daher, dass die EU-Kommission ihre Hilfsmittel für Afghanistan neu ausrichten und den Aufbau einer selbstständigen und funktionierenden Verwaltung in Afghanistan unterstützen sollte", erklärte Jens Geier, Berichterstatter und Sprecher der S&D-Fraktion im zuständigen Haushaltskontrollausschuss. Die Europäische Kommission hat bisher EU-Mittel direkt an Nichtregierungsorganisationen oder die Privatwirtschaft gezahlt oder an internationale Organisationen, wie die Vereinten Nationen und Weltbank, gegeben. Jens Geier schlägt vor, die derzeitigen Finanzierungsformen für Afghanistan um direkte Budgethilfen unter strengen und genau festgelegten Auflagen zu erweitern: "Die USA haben als größter Geldgeber in Afghanistan zwar in der Vergangenheit viele Fehler bei den direkten Budgethilfen gemacht. So ist kartonweise Geld illegal ins Ausland geflossen! Mit strengen Kontrollen und Auflagen stellen sich jetzt aber erste Erfolge ein." "Staatliche Stellen in Afghanistan, die zukünftig von direkter Budgethilfe aus Europa profitieren wollen, müssen funktionierende Kontroll- und Überwachungssysteme vorweisen können. Des Weiteren ist eine finanzielle sowie politische Unabhängigkeit des afghanischen Rechnungshofs unabdingbar. Das sind Voraussetzungen, um direkte Budgethilfen zuzulassen", machte Jens Geier klar. Die Europäische Union hat in den Jahren 2002 bis 2010 knapp zwei Milliarden Euro an Afghanistan gezahlt, weitere 190 Millionen Euro folgen im Jahr 2011. Ein Großteil der EU-Mittel fließt in die ländliche Entwicklung sowie in den Aufbau des Polizei- und Justizwesens. Afghanistan ist einer der größten Empfängerländer von EU-Hilfsmitteln und bildet einen Schwerpunkt der europäischen Außen- und Entwicklungspolitik.