18.10.2023

"Neue Chance für Lösung des Handelsstreits"

EU-USA-Gipfel in Washington

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel werden US-Präsident Joe Biden am Freitag, 20. Oktober 2023 im Weißen Haus in Washington treffen -  das zweite Gipfeltreffen zwischen den USA und der EU seit Bidens Amtsantritt. Auf der Agenda steht die enge Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union, einschließlich handelspolitischer Streitfragen.

Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament:
"In diesem turbulenten geopolitischen Klima müssen wir die möglicherweise letzte verbleibende Gelegenheit unter der derzeitigen EU-Kommission und der US-Regierung nutzen, um Lösungen für Handelsstreitigkeiten zu finden. Dabei sollten wir jedoch unseren Werten, unseren Vorschriften und unserem Engagement für das internationale Handelssystem treu bleiben. Ein Abkommen über kritische Rohstoffe mit den USA würde die Wettbewerbsbedingungen angleichen und Unternehmen mit Sitz in der EU die Möglichkeit geben, sich an den Lieferketten für die Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge zu beteiligen und damit einen Teil des Schadens rückgängig machen, der durch den Inflation Reduction Act (IRA) entstanden ist. Ein solches Abkommen könnte uns auch dabei helfen, gemeinsam gegen Arbeitsfragen in den kritischen Rohstofflieferketten in Drittländern vorzugehen. Allerdings sollte jeder Partner dies mit seinen eigenen Mitteln und Instrumenten tun. 

Ein zweites wichtiges Ergebnis könnte ein Rahmen für ein künftiges globales Abkommen über nachhaltigen Stahl und Aluminium sein. Dies wäre ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer Lösung, die Trumps illegale 232-Zölle und die entsprechenden EU-Gegenmaßnahmen dauerhaft aufheben würde. Eine solche Vereinbarung würde Erleichterung und Rechtssicherheit für viele Sektoren auf beiden Seiten des Atlantiks bringen, die in den letzten Jahren stark gelitten haben. Dennoch sollten wir nicht um jeden Preis eine Einigung erzielen. Erstens sollte jedes Abkommen vollständig WTO-kompatibel sein. Das bedeutet, dass, wenn wir unsere bestehenden handelspolitischen Schutz-Instrumente einsetzen, um gegen nicht marktbestimmte Überkapazitäten vorzugehen, diese weiterhin auf objektiven Untersuchungen und nicht auf politischen Erwägungen beruhen sollten. Auf keinen Fall sollte die EU einem Rahmen zustimmen, der die WTO untergräbt, das multilaterale Handelssystem schwächt und zu noch mehr Protektionismus und einer fragmentierten Globalisierung führen würde. 

Wenn sie abgeschlossen werden, bedürfen beide als sogenannte EU-only-Abkommen nur noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments, bevor sie in Kraft treten. Ausschlaggebende Faktoren bei der Beurteilung beider Abkommen werden für das Europäische Parlament die Kompatibilität mit der WTO sein, die Wahrung unserer eigenen regulatorischen Unabhängigkeit sowie der Beitrag zu einem nachhaltigeren Handel. Wir sind bereit, schnell auf die Ergebnisse des Gipfels zu reagieren. Aber ich bin nicht bereit, die WTO zu untergraben oder Partei für die USA und China zu ergreifen. Die EU muss ihren eigenen Weg einschlagen."