08.11.2022

„Großer Wurf für Menschenrechte und Umweltschutz weltweit“

Parlamentsbericht zum Lieferkettengesetz vorgestellt

Die Berichterstatterin zum EU-Lieferkettengesetz im Europäischen Parlament, Sozialdemokratin Lara Wolters, hat heute ihren Berichtsentwurf veröffentlicht. Damit stellt die Niederländerin Änderungsvorschläge der europäischen Sozialdemokrat*innen zum Kommissionsentwurf aus dem Februar vor.


Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Europaabgeordneten und umweltpolitischer Sprecher der sozialdemokratischen S&D-Fraktion:

„Das EU-Lieferkettengesetz muss ein zentraler Baustein für eine neue Art des Wirtschaftens in Europa werden, geleitet von unseren Werten, dem Kampf gegen den Klimawandel und für eine Welt, in der auch künftige Generationen noch würdevoll leben können. Diese Leitlinie zementieren wir als europäische Sozialdemokrat*innen mit diesem Berichtsentwurf.

Gerade in Zeiten wie diesen, in denen unsere freiheitlichen Werte buchstäblich unter Beschuss geraten, in denen Autokraten und Kriegstreiber Menschenrechte mit Füßen treten und den Klimawandel verharmlosen, müssen wir beispielhaft vorangehen. Nicht nur als Zivilgesellschaft, sondern eben auch als größter Binnenmarkt der Welt.

Der zentrale Anspruch der europäischen Sozialdemokratie an das EU-Lieferkettengesetz ist deshalb: Wer hier wirtschaften möchte, der muss darauf achten, dass seine Produkte und Dienste Menschenrechte und Umweltschutz entlang der gesamten, weltweiten Wertschöpfungskette respektieren. Das ist keine unverhältnismäßige Mehrbelastung für Unternehmen, sondern das absolute Minimum an Menschlichkeit.

Als Sozialdemokrat*innen schlagen wir vor, dass die Unternehmensführung künftig direkt für den Schutz der Menschenrechte, der Umwelt und des Klimas verantwortlich ist. Werden Klimaziele nicht erreicht, gibt es auch keine Managerboni. Werden Menschenrechte oder Umweltregeln verletzt, muss das Unternehmen für entstandene Schäden haften. Zentral ist für uns zudem die Einbindung der Betroffenen vor Ort selbst. Der Kommissionsentwurf enthielt hier nur Lippenbekenntnisse, wir fordern aber die verpflichtende Einbindung von Arbeiter*innen, Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft bei der Ausgestaltung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Um der Zivilgesellschaft den Rücken zu stärken, wollen wir auch die Beweislast im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung umkehren. Unternehmen sollten belegen müssen, dass sie ihre Pflichten eingehalten haben.

Wenn wir diese Änderungen umsetzen, dann kann das EU-Lieferkettengesetz ein ganz großer Wurf für Menschenrechte und Umweltschutz weltweit werden. Gleichzeitig werden wir darauf achten, dass die neuen Vorschriften für Unternehmen auch erfüllbar bleiben. Am Ende wird es darauf ankommen, dass wir einen ausbalancierten Rechtsakt auf den Weg bringen, der für Unternehmen realisierbar ist, Menschenrechte stärkt und unseren Planeten schützt.“

Der Entwurf über ein europäisches Lieferkettengesetz, formell die Richtlinie über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen, wird derzeit von den Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union sowie vom Europäischen Parlament getrennt beraten. Der jetzt vorgestellte Berichtsentwurf ist ein wichtiger Meilenstein in der Positionsfindung des Parlaments. Sobald beide Institutionen zu einer Einigung gelangt sind, wird im sogenannten Trilog aus Parlament, Rat und Kommission ein gemeinsamer Kompromiss ausgelotet.