11.11.2020

„Gemeinsam effizienter gegen Notfälle“

EU-Gesundheitsunion

Die EU-Kommission hat mehrere Gesetzesvorschläge für eine europäische Gesundheitsunion vorgelegt. Tiemo Wölken, gesundheitspolitischer Sprecher der Europa-SPD und Mitglied im Ausschuss des Europäischen Parlaments für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit:

„Die Pandemie hat gezeigt, dass die EU gegen grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen schlecht aufgestellt ist. Sie verfügt derzeit nicht über ausreichend Instrumente, um einen Notfall zu bewältigen, wie etwa die Ausbreitung einer neuartigen Infektionskrankheit. Bereits im Mai hatten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten konkrete Maßnahmen für eine Gesundheitsunion vorgelegt. Ich begrüße, dass die EU-Kommission schnell reagiert hat und jetzt auch Vorschläge präsentiert. Dies ist ein erster wichtiger Schritt, damit die Union ihre Souveränität in diesem Bereich wiedererlangt.

Die EU muss nationalen Alleingänge, wie unabgestimmten Grenzschließungen oder Exportstopps von wichtigen Arzneimitteln und Medizintechnik, einen Riegel vorschieben. Die Staatengemeinschaft braucht endlich mehr Kompetenzen im Gesundheitsbereich, um harmonisch und koordiniert zu agieren. Trotz monatelanger Diskussionen und einigen Verbesserungen in den Koordinierungen zögern die Mitgliedsländer immer noch, der Union weitere Befugnisse zu übertragen. Die nationalen Inkonsistenzen bei den Gesundheitsmaßnahmen haben Bürgerinnen und Bürger verunsichert und die nötigen Konsequenzen aus wissenschaftlichen Befunden verwässert, ob bei der Maskenverwendung, bei sozialen Distanzierungsregeln, Teststrategien oder Quarantäne-Anforderungen.

Es ist höchste Zeit, sowohl das Mandat der EU-Arzneimittelagentur (EMA) als auch das Aufgabengebiet des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) auszuweiten. Beide Agenturen benötigen mehr Kompetenzen. Das ECDC muss beispielsweise endlich mehr Kompetenzen für die Datenbewertung und die darauf aufbauenden Empfehlungen an die Mitgliedstaaten bekommen. Die EMA benötigt erweiterte Kompetenzen was die Überwachung und Kontrolle von Arzneimittelengpässen und Medizintechnik betrifft. Während der Pandemie hat die Union schnell regiert und Ad-hoc-Lösungen entwickelt, um Engpässe abzumildern und die Entwicklung von Therapien zu beschleunigen. Es ist begrüßenswert, dass diese Prozesse bei der EMA jetzt formalisiert werden sollen.

Die Krise hat gezeigt, wie wichtig die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ist. Die Gesundheitssysteme müssen auf alle schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsbedrohungen reagieren können. Die EU-Mitgliedsländer müssen Pläne erarbeiten, um auf zukünftige Pandemien vorbereitet zu sein. Um das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger zu sichern, brauchen wir europäische Koordinierung und Investitionen in Gesundheitssysteme. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung zu grenzüberschreitenden Gesundheitsbedrohungen ist längst überfällig.“

Als nächstes werden sich die EU-Mitgliedstaaten sowie der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im Europäischen Parlament mit den Vorschlägen der EU-Kommission befassen.