27.02.2018

Urteil trägt nicht zur Konfliktlösung bei

Es hört sich an wie eine Formsache: Im EU-Abkommen mit Marokko ist die Rede von einer „marokkanischen Fischereizone“. Die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer fallen nach internationalem Recht nicht darunter, dort gelte das Abkommen nicht. Lauf EuGH darf Marokko dort keine Hoheitsbefugnisse ausüben. Das Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Union und Marokko ist für die marokkanischen Gebiete gültig, so der Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofes am Dienstag, 27. Februar 2018. „Das EuGH-Urteil hört sich zwar dem Buchstaben nach richtig an, mit der Realität hat es aber wenig zu tun“, ärgert sich der SPD-Europaabgeordnete Norbert Neuser, der sich in einer überfraktionellen Arbeitsgruppe für die Rechte der Sahrawis einsetzt, Menschen, die in der Westsahara leben. „Worüber Luxemburgs Justitia großzügig hinwegsieht: Über 90 Prozent des Fisches, der im Rahmen des Abkommens gefangenen wird, stammt aus Fischgründen, die sich vor den von Marokko besetzten Gebieten der Westsahara befinden. Solange die Europäische Union nicht sicherstellt, dass Flotten diese Fischgründe großräumig plündern, handeln wir weiterhin wissentlich gegen die berechtigten Interessen der Menschen aus der Westsahara, der Sahrawis.“ Im Dezember 2016 hatte der Europäische Gerichtshof schon für das Assoziations- und das Handelsabkommen der EU mit Marokko entschieden, dass diese Abkommen nicht auf die besetzte Westsahara anzuwenden sind. „Die europäischen Fischer brauchen jetzt Rechtssicherheit durch ein neues Protokoll, das die Fischerei vor der Küste Marokkos und der Westsahara regelt“, so die SPD-Europaabgeordnete und Fischereiexpertin Ulrike Rodust. „Bei den Verhandlungen dazu müssen wir sicherstellen, dass die lokale Bevölkerung in der Westsahara entsprechend internationalem Recht eingebunden wird. Ich begrüße, dass die EU-Kommission bereits entsprechende Gespräche aufgenommen hat. Denn dass wir ein völkerrechtskonformes Abkommen brauchen, das auch die Fischerei vor der Westsahara regelt, steht für mich außer Frage.“ „Hier geht es nicht nur um wirtschaftliche Interessen europäischer Fischer, sondern eben auch um ein nachhaltiges Bestandsmanagement und den Aufbau eines konkurrenzfähigen Fischereisektors vor der Westsahara selbst“, so Ulrike Rodust. „Genau darauf haben wir Sozialdemokraten ja bei der Fischereireform gedrungen: Abkommen mit Drittländern in den Dienst der lokalen Bevölkerung zu stellen. Dieser Grundsatz muss nun auch bei der Verhandlungen eines neuen, völkerrechtsgültigen Protokolls zum Fischereiabkommen mit Marokko gelten.“ „Wir appellieren an die EU-Kommission, sicherzustellen, dass das Prinzip der Souveränität der Völker über ihre natürlichen Ressourcen und das Völkerrecht auch angewandt werden“, so Norbert Neuser. “Dazu gehört, dass die Kommission Gespräche mit der Befreiungsbewegung Polisario sowie ,mit international anerkannten Vertreterin der Sahrawis aufnimmt. Zudem muss sie die territorialen Aktivitäten Marokkos umfassend begutachten, um ein EU-Abkommen auf die international anerkannten Grenzen zu beschränken.“ Weitere Informationen: Büro Rodust +32 2 28 45502, Büro Neuser +32 228 47892 und Jan Rößmann +473 864 513 (Pressesprecher)