26.04.2023

"So kann die EU das Investitionsniveau für die grüne Transformation nicht halten“

Kommission schlägt Reform des Stabilitätspaktes vor

Die EU-Kommission hat heute Vorschläge zur Überprüfung der EU-Wirtschaftspolitik sowie des Stabilitäts- und Wachstumspaktes vorgelegt

Joachim Schuster, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Europa-SPD:
"Die jetzt vorliegenden Gesetzestexte bilden eine gute Grundlage. In Rat und Parlament werden in den kommenden Monaten intensive Verhandlungen folgen, um das wirtschaftspolitische Rahmenwerk bis Ende des Jahres zu beschließen. Der Druck ist groß. Ziel muss sein, eine antizyklische Wirtschaftspolitik zu etablieren, in einem für alle Staaten tragbaren Kompromiss im Spannungsfeld zwischen nachhaltigen Staatsfinanzen und finanziellen Spielräumen für Zukunftsinvestitionen.

Positiv ist, dass der notwendige Abbau von Schulden künftig wachstumsfreundlich ausgerichtet sein soll und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten berücksichtigt. Allerdings müssen beim Schuldenabbau, trotz mehr länderspezifischer Flexibilität, alle Mitgliedstaaten nach gleichen Maßstäben bewertet und im Ergebnis gleichbehandelt werden.

Schwach bleiben die Vorschläge der EU-Kommission, um die nationalen Wirtschafts- und Steuerpolitiken im Interesse eines kohärenten politischen Kurses auf Unionsebene zu koordinieren. Eine Renationalisierung der Finanzpolitik muss in einem gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum unbedingt vermieden werden.

Aus Sicht der Sozialdemokrat*innen gibt es ein zentrales Manko der Reforminitiative: Die Vorschläge beantworten nicht die Frage, wie ein höheres öffentliches Investitionsniveau, auch Auslaufen des Wiederaufbaufonds nach 2026, gesichert werden kann, um die klimaneutrale und digitale Transformation in Europa zu realisieren. Viele Staaten werden die nötigen Investitionen, trotz mehr Flexibilität im neuen Rahmenwerk, alleine nicht stemmen können. Die klimaneutrale und digitale Transformation der EU kann in einem gemeinsamen Binnenmarkt mit gemeinsamer Währung und gleichzeitig unterschiedlichen nationalen Wirtschaftsstrukturen sowie regionalen und sektoralen Spezialisierungen nur als europäisches Projekt gelingen.

Ein dauerhafter Investitionsmechanismus oder eine dauerhafte EU-Fiskalkapazität wären eine passende und solidarische Antwort auf die massiven Finanzierungsbedarfe der Mitgliedstaaten und zur makroökonomischen Stabilisierung auf EU-Ebene."

Nach der Veröffentlichung der EU-Kommission erarbeiten Vertreter*innen von Parlament und Rat ihre jeweilige Position zu den Vorschlägen.