02.03.2022

„Neubewertung durch Ukraine-Krieg richtig“

Mitteilung der EU-Kommission zu den EU-Schuldenregeln

Die EU-Kommission hat heute Leitlinien für die Haushalts- und Schuldenpolitik der EU-Länder im kommenden Jahr vorgelegt. Dabei geht es auch um eine mögliche Reform der Defizit-Regeln, die während der Corona-Krise ausgesetzt wurden. Die Regeln sollten ursprünglich wegen der guten wirtschaftlichen Prognosen im kommenden Jahr wieder in Kraft treten. Das werde nun „angesichts der hohen Unsicherheit“ wegen des Krieges in der Ukraine neu bewertet, teilte die Kommission mit. Eine Entscheidung solle im Frühling fallen.

Joachim Schuster, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der SPD-Europaabgeordneten:

„Die Entscheidung der EU-Kommission, die Aussetzung der EU-Schuldenregeln vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs neu zu bewerten, ist richtig. Durch den Konflikt sind negative Auswirkungen zu erwarten wie anhaltend hohe Inflationsraten, steigende Energiepreise und globale Versorgungsengpässe.

Eine Reform der Regeln ist nicht nur wegen der aktuellen wirtschaftlichen Situation unverzichtbar, sondern auch angesichts der schon vor der Corona-Krise offen zutage getretenen Defizite. 

Eine Rückkehr zu den alten Regeln würde - bei einer Gesamtschuldenquote der EU von derzeit circa 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - von vielen Ländern massive Einsparungen erfordern. Dies hätte nicht nur unabsehbare soziale und wirtschaftliche Folgen, die wir nach der letzten Wirtschaftskrise beobachten konnten, sondern steht auch im krassen Widerspruch zu dem massiven Investitionsbedarf der kommenden Jahre, um den sozial-ökologischen Wandel in Europa zu schaffen und weiter zu digitalisieren.

Diesen Zusammenhang scheint auch Ursula von der Leyen inzwischen nachvollzogen zu haben. Allerdings wird sich zeigen, ob die EU-Kommission es schafft, einen Konsens zwischen den unterschiedlichen Interessen der Mitgliedsstaaten zu schaffen und dieses Jahr einen entsprechenden Reformentwurf vorzulegen. Sie wird dazu einen guten Kompromiss zwischen Haushaltskonsolidierung und länderspezifischer Flexibilität finden müssen, der nachhaltige und zukunftsorientierte Investitionen zulässt.“

Seit Monaten wird in Brüssel über eine Reform der strengen Regeln für staatliche Defizite und Schulden diskutiert - auch darüber, wann sie vollständig wieder in Kraft treten sollen. Der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht vor, dass EU-Länder nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung an Schulden aufnehmen. Haushaltsdefizite sollen bei 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedeckelt werden.

Die Kommission kündigte in ihrer Mitteilung an, zu einem späteren Zeitpunkt Leitlinien für mögliche Änderungen des Rahmens der wirtschaftspolitischen Steuerung vorzulegen, um „rechtzeitig vor dem Jahr 2023 einen breit angelegten Konsens über das weitere Vorgehen zu erzielen“.

·         Heute veröffentlichte Mitteilung der EU-Kommission

·         Positionspapier der Europa-SPD zur EU-Finanz- und Wirtschaftspolitik