08.05.2021

,,Handbremse für ein soziales Europa“

EU-Gipfel in Porto endet ohne verpflichtende Vereinbarung

Das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs im portugiesischen Port endete am Samstag ohne verbindliche Beschlüsse. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich ausschließlich online zugeschaltet.

„Der zweite große Sozialgipfel in der Geschichte der EU endete mit einer unverbindlichen Erklärung, noch immer stehen offensichtlich zu viele Länder auf der Bremse. Der Rat macht business as usual ohne echte Verpflichtungen für die Mitgliedsstaaten. Ein gutes Vorzeichen war zumindest, dass am Tag vor diesem Treffen der Staats- und Regierungschefs tatsächlich alle Sozialpartner und EU-Institutionen eine Erklärung unterzeichnet hatten, die Ratspräsident Charles Michel als Initiative für diesen Gipfel mitgegeben wurde.

Leider gibt es nicht bei allen europäischen Partnern ein Verständnis für ein gemeinsames soziales Europa. Wir müssen in der EU endlich mit dem Märchen aufräumen, Sozialpolitik sei ausschließlich Sache der Mitgliedsstaaten: Die EU-Verträge setzen eine geteilte Kompetenz fest. Die Länder, die Lohndumping und geringe Sozialausgaben als Standortvorteil nutzen - etwa Polen und Ungarn - stemmen sich allerdings gegen verbindliche, europäische Mindeststandards. Sie unterminieren auch eine offene und gleichberechtige Gesellschaft und bringen diese reaktionären Positionen immer wieder erfolgreich im Rat ein.

Das persönliche Fernbleiben von Angela Merkel, wie bereits 2017 in Göteborg, ist auch angesichts der zunehmenden sozialen Verwerfungen durch die Covid-19-Krise kein gutes Signal. Die Regierungschefin der größten Volkswirtschaft Europas setzt sich nicht persönlich für eine Angleichung der Lebensverhältnisse der Europäerinnen und Europäer ein. Ein Engagement für fairere Lebensbedingungen der Menschen in Europa scheint mit der CDU nicht möglich, wie auch die jüngst geführten Debatten innerhalb der Partei über europäische Mindestlöhne zeigen.

In Porto wurde vor allem deutlich, welche großen Herausforderungen uns bevorzustehen und wie wichtig eine gemeinsame soziale Agenda mit verbindlichen Zielen ist. Damit das gelingt, muss sich Deutschland voll zum sozialen Europa bekennen und sein Gewicht in die Debatten im Rat einbringen. Wir müssen endlich die Handbremse lösen.“