22.11.2017

Eurozone muss Mut zu gemeinsamer Wirtschaftspolitik entwickeln

Die EU-Kommission hat am Mittwoch, 22. November, ihren Jahreswachstumsbericht 2018 und ihre begleitenden Empfehlungen an die Mitgliedstaaten vorgestellt. Neben einem - mit Abstrichen - positiven Aufwärtstrend offenbart der Bericht nach Ansicht des SPD-Europaabgeordneten Udo Bullmann auch ein Kernproblem der EU: das Fehlen einer wirklichen gemeinsamen Wirtschaftspolitik. „Die Kommission kommt dieses Mal in den Genuss, die Welle des ökonomischen Aufschwungs reiten zu dürfen. Dank eines soliden Wachstums und steigender Beschäftigung in der Eurozone braucht die Kommission kaum Daumenschrauben anlegen und macht sich damit auch nicht zum Buhmann. Solange Europa jedoch insbesondere in Wirtschaftsfragen keine wirkliche Union ist, dürfen wir von der Kommission auch weiterhin keine belastbaren Vorschläge zur nachhaltigen und krisensicheren Modernisierung Europas erwarten“, kommentiert Udo Bullmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Europaparlament und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung. Die sich erholende gesamtwirtschaftliche Lage bedeute jedoch nicht, dass die europäische Wirtschaftspolitik im kommenden Jahr ganz ohne schmerzhafte Maßnahmen auskommen wird. „Erneut drohen einigen Mitgliedstaaten bei ihrer Budgetplanung gelbe oder sogar rote Karten, darunter Italien und Frankreich. Kommission und Rat müssen nun überlegt mit ihren weitreichenden Befugnissen zur Disziplinierung dieser Länder umgehen, um ein Mehr an vermeintlicher Finanzstabilität nicht durch ein Abwürgen des noch fragilen Aufschwungs und damit noch höheren Haushaltsrisiken zu erkaufen“, so Udo Bullmann weiter. Nach Ansicht des Wirtschaftsexperten zeigen die heute vorgestellten Kommissionsvorschläge auch ein Dilemma auf. „Während die EU eine oft kritisierte Rolle bei der Abwicklung von wirtschaftlichen und fiskalischen Krisen spielen darf, fehlt es ihr an Kompetenzen, um der europäischen Wirtschaft neue Impulse zu geben. Zwar kann sie, wie heute geschehen, den Mitgliedstaaten auftragen, mehr in Bildung, Infrastruktur und sozialen Zusammenhalt zu investieren. Diese Empfehlungen bleiben jedoch vollkommen unverbindlich. Selbst gegen eine offenkundig widersinnige Finanzpolitik verfügt die Kommission über keine Handhabe. Dadurch ergibt sich ein Mangel an Abstimmung und Konvergenz, der neue Ungleichgewichte und Krisen provoziert. Die Katze beißt sich also selbst in den Schwanz“, kritisiert Udo Bullmann. „Wir Sozialdemokraten fordern, dass die Wirtschafts- und Währungsunion endlich auf ein solides Fundament gestellt wird. Wenn die Kommission im Dezember Vorschläge für die Vertiefung der Eurozone vorlegt, muss sie entsprechende Schritte einleiten. Der Euro kann dauerhaft nur mit einem gemeinsamen Haushalt funktionieren, der öffentliche Investitionen auch in Zeiten scharfen wirtschaftlichen Gegenwinds stützt. Vor allem aber muss endlich der Mut entwickelt werden, die Währungsunion auch tatsächlich als Gemeinschaftsprojekt zu begreifen. Dazu braucht es einen europäischen Finanzminister, der europäische Wirtschaftspolitik nicht nur als Summe nationaler Entscheidungen, sondern tatsächlich im Sinne der Gemeinschaft gestalten kann. Wir Sozialdemokraten werden uns dafür einsetzen, dass entsprechende, demokratische und transparente Strukturen entwickelt werden“, so Udo Bullmann. Weitere Informationen: Büro Bullmann +32 228 37342 und Angelika Pentsi +32 473 930 060 (Pressesprecherin)