15.11.2017

Ein erster Schritt - aber lange nicht hinreichend

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union verpflichten sich zu 20 politischen Grundsätzen wie Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, faire Arbeitsbedingungen, Sozialschutz und soziale Inklusion. Gemeinsam mit der EU-Kommission und Vertretern des Europäischen Parlaments verabschieden sie am Freitag, 17. November 2017, in Göteborg die Proklamation zur Europäischen Säule Sozialer Rechte. „Es ist der Verdienst der europäischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, dass die Mitgliedstaaten mit den Europäischen Institutionen Sozialgesetze für Europa in den Fokus rücken“, sagt Jutta STEINRUCK, sozial- und beschäftigungspolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten. „Die Grundsätze von Göteborg bleiben allerdings an vielen Stellen eine Zusammenfassung bereits bestehender EU-Sozialgesetzgebung. Zudem sind sie gänzlich unverbindlich für die EU-Mitgliedstaaten. Es ist höchste Zeit, endlich die Forderungen des Europäischen Parlaments für eine echte Soziale Säule in der EU aufzugreifen. Darunter ist zum Beispiel eine Richtlinie für gute Arbeitsbedingungen auch in neuen, prekären und digitalen Beschäftigungsverhältnissen. Zu den sozialdemokratischen Forderungen gehört auch eine Grundsicherung für alle von Armut gefährdeten Kinder, damit sie Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben.“ „Um den sozialen Grundrechten in Europa mehr Durchschlagkraft zu verleihen, sollten sie im Europäischen Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik verankert werden - und in den länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission“, fordert Udo BULLLMANN, stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokraten im Europaparlament. „Es kann nicht sein, dass sich Europa nur um das Funktionieren der Wirtschaft, nicht aber um die Lebensverhältnisse der Menschen kümmert. Wir brauchen ein soziales Fortschrittsprotokoll, mit dem die Entwicklung der Sozialpolitik in den europäischen Mitgliedstaaten sichtbar wird. Die Europäische Säule Sozialer Rechte wird keine stabile Stütze, wenn wir sie nicht kräftig mit Mitteln aus der kommenden EU-Finanzplanung für die Jahre 2020 bis 2026 unterfüttern. Das bedeutet Investitionen in Wachstum und Beschäftigung, die bei den Menschen ankommen. Es muss spürbar werden, dass soziale Absicherung, Bildungschancen für alle, medizinische Grundversorgung und Rechte am Arbeitsplatz zum Grundverständnis der Europäischen Union gehören“, so Udo Bullmann. „Arm trotz Arbeit ist eine europäische Realität“, so Jutta STEINRUCK. „Es geht um Europäerinnen und Europäer, denen es im Alltag an essentiellen Dingen mangelt, die sich keine warme Mahlzeit leisten oder ihre Wohnung nicht ausreichend heizen können. Die EU-Kommission muss in ihrem kommenden Arbeitsprogramm den Zugang zum sozialen Sicherheitssystem vorantreiben und die Richtlinie zum Informationsrecht über Vertragsbedingungen überarbeiten. Nullstundenverträge und ausbeuterische Vertragsklauseln sind Armutstreiber und müssen verboten werden.“ „Die Proklamation von Göteborg ist ein guter und wichtiger erster Schritt“, so Udo Bullmann. „Die Erklärung muss für die Unterzeichner allerdings Verbindlichkeiten nach sich ziehen. Sie müssen sich ernsthaft um eine gleichgerichtete Wirtschaft und soziale Aufwärtskonvergenz in Europa bemühen. Der Gipfel in Göteborg ist kein Höhepunkt, sondern hoffentlich der Ausgangspunkt für ein Soziales Europa.“ Weitere Informationen: Büro Bullmann +32 2 28 47342, Büro Steinruck +32 228 37563 und Jan Rößmann +32 473 86 45 13