01.02.2018

Czarnecki muss seinen Posten räumen!

Nach seinen beleidigenden Äußerungen über eine Abgeordnete des Europäischen Parlaments (EP) könnte Richard Czarnecki, Europaabgeordneter der polnischen Regierungspartei PiS und Vizepräsident des Europaparlaments, sein Amt im EP-Präsidium verlieren. Das Plenum wird am Mittwoch, 7. Februar, in Straßburg über seine Absetzung abstimmen, wie die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden am Donnerstag, 1. Februar, mit einer Mehrheit von 79 Prozent der Stimmen entschieden hat. „Diese Entscheidung war unumgänglich. Wer eine Kollegin auf diese Art und Weise beleidigt, kann nicht mehr das Europäische Parlament in einer wichtigen Funktion repräsentieren. Politischer Streit muss immer im gegenseitigen Respekt geführt werden, die Äußerungen von Czarnecki haben die Grenze des guten Geschmacks mehr als deutlich überschritten“, so die SPD-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann. Czarnecki hatte Anfang dieses Jahres seine polnische Parlamentskollegin Róża Maria Gräfin von Thun und Hohenstein von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) indirekt als „szmalcownik“ verunglimpft, eine im Polnischen extrem negative Bezeichnung für Nazi-Kollaborateure, die Juden an die deutschen Besatzer verrieten oder sie erpressten. Hintergrund war ihre Mitwirkung in einer Dokumentation zur aktuell besorgniserregenden Lage in Polen. Der polnische Abgeordnete verglich außerdem die Macherin des Films und ehemalige ARD-Korrespondentin in Warschau, Annette Dittert, mit der Nazi-Regisseurin Leni Riefenstahl. In einem Interview hat Czarnecki die Äußerungen nachträglich verteidigt. Evelyne Gebhardt, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, erklärt: „Róża von Thun und Hohenstein ist eine überzeugte Demokratin und Europäerin, mit der ich seit Jahren vertrauensvoll zusammenarbeite. Es ist skandalös, dass eine geschätzte Kollegin aufgrund dieser Schmierkampagne nun in den sozialen Medien Hasstiraden und sogar Morddrohungen ausgesetzt ist. Ich verurteile diese Gleichsetzung Roza Thuns mit Nazikollaborateuren auf Schärfste. Eine solche Behauptung kommt einer Relativierung des Holocaust gleich." „Die Unterstützer von Richard Czarnecki versuchen, berechtigte Kritik an seinen Äußerungen nun als politisch motiviert hinzustellen. Diese Verteidigungsstrategie ist mehr als durchsichtig. Es geht hier nicht um Parteipolitik, sondern nur um die persönliche Verantwortung Czarneckis für seine skandalösen Äußerungen. Da er eine Entschuldigung verweigert und seine schwerwiegenden Beleidigungen nachträglich sogar noch verteidigt, besteht kein Zweifel: Czarnecki muss für seine Entgleisung geradestehen“, so Sylvia-Yvonne Kaufmann. Die Entscheidung, ein Verfahren zur vorzeitigen Beendigung von Czarneckis Amtszeit einzuleiten, ging auf eine Initiative der Sozialdemokraten gemeinsam mit drei anderen Fraktionen zurück. Das Parlament muss nun mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Mehrheit der 751 Europaabgeordneten über die Absetzung Czarneckis entscheiden. Weitere Informationen: Büro Kaufmann +32 228 47788, Büro Gebhardt +32 228 47466 und Angelika Pentsi +32 473 930 060 (Pressesprecherin)