25.08.2017

Briten verdrängen, vermeiden und verschleppen

„Die Positionspapiere zum Brexit, die Großbritannien diese Woche im Vorfeld der dritten Verhandlungsrunde einreicht, offenbaren vor allem eines: Dass der britischen Regierung endlich aufgegangen ist, welch einen Schlamassel sie sich mit dem Brexit eingebrockt hat“, erklärt Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD. „Ein harter Brexit wäre eine Katastrophe für Großbritannien. Statt sich und den Bürgerinnen und Bürgern diese Tatsache offen einzugestehen, packt die britische Regierung sie verschämt in Positionspapiere, in denen sie weitgehend die Beibehaltung des Status quo fordert. Vergessen das Wahlkampfgetöse, das sie überhaupt erst in diese Situation gebracht hat. Zumal die Briten wissen, dass diese Themen für die EU-Seite überhaupt nicht zur Debatte stehen, solange nicht die Fragen zur Schlussrechnung, zu den Rechten der EU-Bürgerinnen und -Bürger und die Irland-Frage geklärt sind“, so Jens Geier. „Das offenbart eine Verdrängungs- oder Vermeidungstaktik, die einer verantwortungsvollen Regierung nicht würdig ist. Oder um es ganz klar zu sagen: Die britische Regierung steckt angesichts der harten Realität ihren Kopf in den Sand. Innenpolitisch steuern die Briten damit auf ein Debakel zu.“ Die britische Regierung legte diese Woche mehrere Papiere vor, in denen sie Vorschläge für die künftigen Beziehungen unterbreitet, etwa im Bereich Handel, Verbraucherschutz und Gerichtsbarkeit. Die EU-Seite drängt unterdessen darauf, zuerst Fragen zur Schlussrechnung, zu den Rechten der EU-Bürgerinnen und -Bürger in Großbritannien sowie zum Verhältnis von Irland und Nordirland zu klären. „Die britische Regierung schmeißt Nebelkerzen und spielt weiterhin auf Zeit, obwohl sie keine Zeit hat“, sagt der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. „Wenn Großbritannien keine neuen Angebote zur Sicherung der Rechte der EU-Bürgerinnen und Bürger in Großbritannien, für eine offene irische Grenze und zur Begleichung der finanziellen Verpflichtungen vorlegt, wird die nächste Verhandlungsrunde nicht mehr als ein Fototermin. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass das Europäische Parlament den Mitgliedstaaten schon im Herbst empfehlen kann, in die zweite Verhandlungsphase über die zukünftigen wirtschaftlichen Beziehungen einzutreten. Wir werden nicht zulassen, dass die Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger zur Verhandlungsmasse im Poker um den Zugang der britischen Finanzwirtschaft zum EU-Binnenmarkt werden“, erklärt der verfassungspolitische Sprecher der SPD-Gruppe im Europaparlament Jo Leinen. „Die Brexit-Befürworter in der britischen Regierung scheinen dem Irrtum zu erliegen, dass Großbritannien die jahrzehntelang praktizierte Rosinenpickerei auch nach dem Austritt aus der EU fortsetzen kann. Die Vorteile des Binnenmarkts sollen bestehen bleiben, während die Regeln nur für andere Staaten gelten. Man stellt sich manchmal die Frage, ob das noch britische Verhandlungstaktik oder schon Realitätsverdrängung ist. Mit Einreichung des Austrittsgesuchs hat das Land seine Sonderstellung endgültig und unwiederbringlich eingebüßt. Je schneller das in London realisiert wird, desto besser“, so Jo Leinen. Auch Jens Geier erklärt: „Man muss die Tories offenbar daran erinnern, dass das Austrittsabkommen zwischen Großbritannien und der EU bis spätestens Anfang 2019 stehen muss. Für ein Projekt dieses Kalibers mit all seinen politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Implikationen ist das - freundlich ausgedrückt - nicht viel Zeit. Das zeigt: Mit ihrer Taktik des Verdrängens und Vermeidens schneiden sich die Briten letztlich nur ins eigene Fleisch.“ Weitere Informationen: Büro Geier +32 2 28 45842, Büro Leinen +32 2 28 38842 und Angelika Pentsi +32 473 930 060 (Pressesprecherin)