28.04.2020

"Gesundheit und Grundrechte nicht gegeneinander ausspielen"

Tracing-Apps in der Corona-Krise

Anlässlich der heutigen Videokonferenz der EU-Innenminister und der Debatte um sogenannte Tracing-Apps, die zur Eindämmung der Corona-Pandemie eingesetzt werden könnten, folgen Zitate von Birgit Sippel, innenpolitische Sprecherin der S&D-Fraktion:

„Gesundheit und Grundrechte dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung auf die massive Kritik von Datenschützerinnen und Datenschützern reagiert hat und nun einen dezentralen Ansatz bei der Entwicklung einer Kontaktnachverfolgungs-App verfolgt. Andernfalls hätte das CDU/CSU-Gespann Spahn/Seehofer jede Glaubwürdigkeit verloren. Allerdings reicht es nicht, sich in Deutschland auf einen dezentralen Ansatz zu einigen, wenn andere EU-Länder weiterhin an einer zentralen Speicherung festhalten. Der deutsche Innenminister muss sich bei seinen europäischen Amtskollegen mit Nachdruck für eine EU-weit möglichst einheitliche Lösung und vor allem hohe Schutzstandards wie eine dezentrale Speicherung einsetzen.“

„Zudem ist nicht nur die Frage, ob zentral auf einem allwissenden Server oder dezentral auf den jeweiligen Handys gespeichert werden soll, entscheidend. Es gibt viele andere kritische Grundrechtsaspekte: Wie wollen wir echte Freiwilligkeit bei der Nutzung garantieren? Für Menschen, die die Apps nicht nutzen dürfen in keinem Fall Nachteile entstehen. Auch die Deinstallation der App muss zu jedem Zeitpunkt unkompliziert gewährleistet sein. Für größtmögliche Transparenz sollte zudem der Quelltext für die App und die Infrastruktur offengelegt werden. Schließlich müssen die nationalen Datenschutzbehörden eng in die Entwicklung der Apps eingebunden werden und es bedarf einer engen parlamentarischen Aufsicht.“

„Jeder und jedem muss bewusst sein: Apps alleine werden uns nicht vor dem Corona-Virus schützen. Wenn überhaupt, könnten Tracing-Apps ein Baustein unter vielen in einer breiten Gesundheitsstrategie sein - vorausgesetzt, sie erfüllen alle grundrechtlichen Anforderungen. Bewegungs- und Versammlungsfreiheit sind Grundrechte, die viele Menschen in Zeiten von Corona zu Recht vermissen. Wir werden diese Freiheiten aber nicht dadurch wiederherstellen, dass wir uns mittels App und Co. elektronische Fußfesseln anlegen. Gerade in außergewöhnlichen Zeiten müssen Eingriffe in das Recht auf Datenschutz und Privatsphäre notwendig, effektiv, verhältnismäßig und zeitlich begrenzt bleiben.“