 Offensichtlich ist es möglich, unliebsame Medien-Artikel aus Google-Suchergebnissen verschwinden zu lassen. Online-Beschwerden, die eigentlich Inhaber:innen von Urheberrechten schützen sollen, werden für solche intransparenten Löschungen missbraucht. Das ist das Ergebnis der Recherche des Teams der Investigativ-Journalist:innen 'Investigate Europe'.
Die Gruppe hatte ursprünglich eine Untersuchung zu den dubiosen Machenschaften des Glückspielunternehmens Soft2Bet veröffentlicht. Schnell stellten sie fest, dass ihre Artikel dazu aus der Google-Suche entfernt wurden - wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen. Unbekannte reichten demnach gefälschte Artikel bei Google ein, mit denen sie eine Sperrung der ursprünglichen Recherche erwirkten und so deren Reichweite stark einschränkten.
Tiemo Wölken, Schattenberichterstatter der sozialdemokratischen Fraktion für KI und Urheberrecht: „Es ist skandalös, dass böswillige Akteure Mechaniken zum Urheberschutz für ihre Pressezensur missbrauchen. Besonders perfide ist, dass Google die Entfernung der Artikel aus der Suche nicht einmal meldet. Die Investigativ-Journalist:innen von Investigate Europe mussten selbst nachforschen. Wie viele weitere Fälle gibt es, von denen die Autor:innen der Artikel selbst gar nicht wissen? Der Google-Beschwerdemechanismus macht es offenbar geradezu banal einfach, unliebsame Berichterstattung still und leise verschwinden zu lassen, in diesem Fall zum Glückspielunternehmen Soft2Bet aus Zypern, deren dubiosen Machenschaften auch viele Deutsche zum Opfer gefallen sind.
Der Fall zeigt die großen Risiken automatisierter Filter. Google gibt zu, dass der Konzern automatisierte Mechanismen einsetzt, um Urheberrechtsbeschwerden zu bewerten. Zwar behauptet das Unternehmen, dass diese KI - beziehungsweise dieser Algorithmus - menschlicher Kontrolle unterliegt. Aber das vorliegende Beispiel eines offensichtlich gefälschten, zurückdatierten Tumblr-Posts lässt stark vermuten, dass hier kein Mensch mehr am Drücker war. Das automatisierte System ist offensichtlich nicht in der Lage, Urheberrechtsbeschwerden richtig einzuordnen und wird so zur Gefahr für Presse- und Meinungsfreiheit. Schon in der Debatte um die Urheberrechtsrichtlinie habe ich vor Zensur durch sogenannte Uploadfilter gewarnt, heute ist das traurige Realität.
Als ersten Schritt habe ich eine dringende parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission gerichtet. Die Behörde muss solchen Missbrauch des Urheberrechtschutzes künftig verhindern. Zudem muss das Thema im Parlamentsbericht zu KI und Urheberrecht aufgegriffen werden, und es muss dazu Anträge zur parlamentarischen Abstimmung geben. Wir müssen in der EU sicherstellen, dass Grundrechte stets wichtiger sind, als die Bequemlichkeit großer Tech-Unternehmen. Wir lassen die Entmenschlichung der Grundrechts-Abwägung nicht zu.“ - Die Investigate Europe-Recherche zu dem Thema finden Sie hier: XX
- Der Text der parlamentarischen Anfrage ist hier: XX
Im nächsten Schritt wird der Rechtsausschuss des EU-Parlaments über den Initiativbericht zu rechtlichen Herausforderungen von generativer KI und Urheberrecht verhandeln. Geplant ist eine Abstimmung im Ausschuss bis Ende des Jahres. |