31.03.2023

Mythen und Fakten

FAQ zu Gebäudesanierungen in der EU

Um die neuen EU-Regeln für die Energieeffizienz von Gebäuden ranken sich derzeit allerlei Mythen. Die Europäische Union will klimaneutral werden, um den Klimawandel einzudämmen. Im Rahmen dieses Green Deal sollen zum Beispiel Gebäude renoviert werden, die nicht ausreichend gedämmt sind - englisch: Energy performance of buildings directive, kurz EPBD. Das Ziel, den Klimawandel über eine drastische Absenkung der CO2-Emissionen einzudämmen, wird von kaum einer politischen Kraft infrage gestellt. Jedoch stemmen sich bei der konkreten Umsetzung der Einsparziele plötzlich auch große Fraktionen gegen den Kurs. Es kursieren zahlreiche Mythen über vermeintliche Zwänge, Zumutungen und Verbote.


Jens Geier, Industrie- und energiepolitischer Sprecher der SPD-Europa Abgeordneten räumt mit Falschinformationen auf.


Die EU wälzt einen Großteil des Klimaschutzes auf die Bürger*innen ab.
Nein. Energieverbrauch und damit die Treibhausgas-Emissionen werden durch Sanierungen gesenkt. Dies bedeutet mittelfristig auch eine Reduzierung der Energiekosten zur finanziellen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger

Kommt die Kostenlawine?
Nein. Um Mindeststandards zu erreichen, reichen oftmals kleine bauliche Veränderungen oder Teilsanierungen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Ausnahmen vom Sanierungsgebot, beispielsweise für historische und technologische Gebäude oder solche, die der Zwischennutzung dienen. Auch Sozialbauten können ausgenommen werden.

Wer soll das alles finanzieren?
Die Mitgliedstaaten der EU erhalten Zuschüsse in Millionenhöhe, um den Wandel möglichst gerecht zu gestalten und Modernisierungen voranzutreiben. Weitere Mittel kommen durch nationale Programme. Langfristig verringern sich so auch nötige Energiezuschüsse, wodurch sich die Investitionen auch für die EU-Mitgliedstaaten rechnen werden.

Die Menschen werden ihre Wohnungen und Häuser verlieren und gezwungen werden diese zu verlassen.
Nein. Privatleute müssen ihre Häuser nicht aufgeben, wenn sie nicht renovieren können. Es ist Sache der Mitgliedstaaten der EU, nationale Renovierungspläne aufzustellen, einschließlich Förderregelungen, die die Situation in dem jeweiligen Land berücksichtigen. Außerdem müssen sie sicherstellen, dass angemessene finanzielle Unterstützung zur Verfügung stehen. Das gilt insbesondere für finanziell schwache Gruppen sowie Menschen, die in Energiearmut leben und möglicherweise nicht über die Mittel verfügen, das von ihnen bewohnte Gebäude zu renovieren. Weiterhin können die Mitgliedsstaaten Ausnahmen für bestimmte Segmente ihres Gebäudebestands festlegen.

Für die Sanierungen stehen nicht genug Material und Fachkräfte zur Verfügung
Bei den Fristen werden die tatsächlichen Kapazitäten der Bauindustrie im Hinblick auf Material und Fachkräfte in der EU-Richtlinie berücksichtigt. Die nationalen Renovierungspläne sollen dies explizit miteinbeziehen. Dies gilt auch für den Einfluss von Veränderungen der Energiepreise, Baustoffe und Lohnkosten. Anhand dieser Faktoren soll das Niveau von Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz Gebäuden kostenoptimal berechnet werden.

Die EU-Richtlinie wird die Immobilienwerte in den Keller treiben, wenn das Gebäude nicht renoviert wird.
Nein. Die Immobilienwerte werden Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien hingegen besser widerspiegeln und so Banken und Kreditgeber ermutigen, Renovierungen zu finanzieren. Denn schon jetzt spiegelt der Immobilienmarkt die höheren Qualitäten und Leistungen eines Gebäudes der Klasse A im Vergleich zu den niedrigsten Klassen wider, dies ist also nichts Neues. Die Maßnahmen tragen somit auch zum Schutz der Mieterinnen und Mieter sowie derjenigen bei, die unter der Spekulation am Wohnungsmarkt leiden, und vor der Richtlinie wenig Möglichkeiten hatten von institutionellen Anlegern eine Verbesserung der Baubedingungen verlangen.

Die Umsetzung der EU-Richtlinie wird Schäden an der Oberfläche verursachen und das Erscheinungsbild von historischen Gebäuden verändern oder gar zum Abriss von  Denkmälern führen.
Nein. Wie bei den derzeit schon geltenden Maßnahmen zu Gebäudesanierungen können die EU-Mitgliedstaaten auch weiterhin historische Gebäude und solche von besonderem architektonischen Wert von den Renovierungsanforderungen ausnehmen. Da die Vereinbarungen der EU nicht für Denkmäler gelten, enthält der Text keine Anforderungen für Denkmäler.

Die EU benachteiligt nördliche Staaten wegen ihres größeren Heiz- und Dämmungsbedarfs bei ihren Sanierungspflichten.
Nein. Es soll ein neuer Energieausweis eingeführt werden, der für alle Mitgliedsstaaten ähnliche Bedingungen schaffen soll. Die Klasse A soll emissionsfreien Gebäuden vorbehalten sein, die Klasse G soll für die 15 Prozent Gebäude gelten, die im nationalen Vergleich am schlechtesten abschneiden.
Damit wird der tatsächlich bestehende Gebäudebestand in den jeweiligen EU-Mitgliedstaaten in die Maßnahmen miteinbezogen und an die jeweilige nationale Situation angepasst. Die erwarteten Einsparungen werden sich zudem langfristig positiv auswirken. Ebenso schreibt die EU-Richtlinie nicht überall das gleiche Niveau der Energieeffizienzklassen vor. Sie führt lediglich gemeinsame Kriterien für die Mitgliedstaaten zur Festlegung der Klassen ein, um sicherzustellen, dass die Energieausweise als Informationsinstrument zuverlässig sind.

Die Richtlinie nimmt nur Einzelgebäude ins Visier.
Nein. Sanierungen sind auch mit einem sogenannten Quartiersansatz möglich, also statt einzelner Gebäude ganze Straßenzüge oder Siedlungen, für die eine gemeinsame Wärmeversorgung geschaffen werden kann. Also zum Beispiel effiziente Blockheizwerke oder Fernwärme. Die „Innovation City“ Bottrop hat es unter anderem mit solchen Maßnahmen geschafft den CO2-Ausstoß pro Kopf um die Hälfte zu senken und soziale Friktionen vermieden.

Die Richtlinie kommt überraschend und lässt zu wenig Zeit für die Bürgerinnen und Bürger um darauf zu reagieren
Nein, Das Europäische Parlament hat derzeit lediglich im März 2023 seinen Standpunkt dazu mehrheitlich beschlossen. Dieser Standpunkt muss jetzt zunächst noch mit den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten verhandelt und danach durch Gesetze in nationales Recht umgesetzt werden. Danach werden die Mitgliedstaaten die Bestimmungen in den Staaten umsetzen.

Die Sanierung von Gebäuden trägt nicht zum Klimaschutz bei
Nein. 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der CO2-Emissionen entfallen auf Gebäude. Will die EU ihre Ziele für 2050 erreichen, ist es unerlässlich, Gebäude in den Blick zu nehmen.